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Kenia und Taizé

Jun 5, 2023Berichte

Kenia und Taizé

Kenia und Taizé

Kenia und Taizé

Zwischen Taizé und meiner Bindung an Kenia und das Flüchtlingslager Kakuma besteht ein enger Zusammenhang. In dem kleinen Örtchen Taizé in Burgund, nicht weit von Chalon-sur-Saone, ließ sich 1940 der reformierte schweizerische Theologe Roger Schütz nieder. Dass Gott die Liebe ist, war seine zentrale Botschaft. Der Abschied vom ‚Strafenden Gott‘, die Versöhnung der christlichen Kirchen waren ihm Herzensanliegen. So bildete sich um ihn herum die Gemeinschaft der Brüder von Taizé, ökumenisch, international, mittlerweile mit Niederlassungen in vielen Problemzonen der Megastädte dieser Welt, auch in Pantin, einer von sozialen Problemen besonders belasteten Vorstadt von Paris.

2008 traf ich in Taizé Fr. Selvam Sahaya, einen indischen Salesianer, der bereits 17 Jahre in der Jugendarbeit in Ostafrika arbeitete. Beide wollten wir die Zeit hier schweigend verbringen,  entschlossen uns dann aber doch, miteinander zu reden. Daraus entstand eine Freundschaft, die 2013 zu meinem ersten Besuch ich Nairobi führte, wo ich am Abend meiner Ankunft gleich bedrängt wurde, man brauche mich, „einen Doktor aus Deutschland“, in Kakuma, damit ich dort ein Ultraschall­gerät reparieren solle. Das Ultraschallgerät kriegte ich nicht hin, die Bindung an Kakuma war da.

Vom 21. Mai bis zum Pfingstsonntag verbrachten Elke Thoms und ich eine Woche in Taizé. Die Erinnerungen an die Anfänge unserer Kakuma-Hilfe wurden bei mir lebendig. Gefördert wurde das Gefühl der Verbundenheit Taizé / Kenia durch zwei Kenianer, die wir hier trafen. Die eine war Phyllis, die ein Jahr in Taizé verbringt und mittlerweile bereits die Verantwortung für den Ablauf im ‚Vergnügungsviertel‘ Oyak übertragen bekommen hat. Ein alkoholisches Getränk wird pro Person abgegeben, d.h. 0,1 Liter Wein oder 0,2 Liter Cidre oder Bier. Dafür hat man genau eine halbe Stunde Zeit. In unserer Woche öffnete der Kiosk um 21.45 Uhr und schloss pünktlich um 22.15 Uhr. In der Pfingstwoche mit mehr Teilnehmern – 1.000 waren es –  wurde die Öffnungszeit um 15 Minuten bis auf 22.30 Uhr verlängert. Phyllis kam die unangenehme Aufgabe zu, die Öffnungszeit strikt einzuhalten, was darauf hinauslief, mit freundlichen aber bestimmten, sich auf keine Diskussion einlassenden Worten, den sich noch schnell Anstellenden die Tür ruckzuck vor der Nase zuzusperren.

Phyllis ist glücklich über die Erweiterung ihres Erfahrungshorizontes. Zum Jahreswechsel hatte sie am Jugendtreffen in Rostock teilgenommen und war voll des Lobes über die freundlichen Deutschen.

Phyllis und auch der zweite Kenianer, Bruder Githinji, kennen Fr. Selvam und mit beiden konnte ich Erinnerungen an Orte in Nairobi austauschen, die uns viel bedeuten. Da ist die Erinnerung an die Taizé Gemeinschaft Mji wa Furahain Nairobi, die leider geschlossen wurde und der Resurrection Garden, den Elke und ich mit Petronilla und Stephen im November besucht hatten.

Bruder Githinji ist zu Ostern in die Brüdergemeinschaft aufgenommen worden. Über Bruder Dennis konnten wir uns austauschen, einen Künstler, den ich 2013 und 14 in Nairobi kennenlernen durfte, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, mit einfachen Mitteln Schönes zu gestalten. Er verwendete Naturmaterialien und einfache Techniken. Noch heute erfreue ich mich täglich an Arbeiten, die ich damals von ihm gekauft habe. Githinjis Aufgabe ist es, den Kreuzweg im Auge zu behalten und zu reparieren, der von Dennis gestaltet wurde und auf dem Weg hinunter zur Quelle aufgestellt ist.

Zu meinem Erstaunen war er tief in die deutsche Geschichte eingedrungen. Am Jahreswechsel 2019 hatte er am Jugendtreffen in Wroclaw teilgenommen und Auschwitz besucht. Im September 2019 war er beim Jugendtreffen am anderen Ende unseres Erdballs in Kapstadt dabei und besuchte die Gefängnisinsel Robben Island, auf der auch Nelson Mandela eingesessen hatte. „Danach bin ich eine Depression geraten,“ gestand er mir. – Viele Eindrücke für einen jungen Mann aus einem armen Stadtteil Nairobis. Jetzt machte er einen ausgeglichenen und überaus glücklichen Eindruck.

Es war beeindruckend für uns, Taizé als einen Ort zu erleben, wo nicht nur darüber geredet wird, dass wir Menschen miteinander verbunden sind. Diese Lebenswahrheit bleibt hier nicht eine Sache des Kopfes oder des Glaubens. Taizé ist ein Ort, wo man die Verbundenheit untereinander praktisch lebt und erlebt. Hier wird für viele Menschen Realität, was Bruder Dennis mir 2013 sagte, als ich ihn fragte, woher er käme: „Geboren bin ich in der Schweiz. Gelebt habe ich mittlerweile in so vielen Ländern, dass ich nur noch sagen kann. Ich bin ein Weltbürger.“

Alfons Nowak